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Geschichte des Dorfes Erdeborn im Mansfeldischen
– von Karl Hermann Heine
Die dem heiligen Bartholomäus gewidmete Kirche ist sicher in sehr früher Zeit gegründet worden, da der Ort schon im achten Jahrhundert unter den der Abtei Hersfeld zehntenden Pfarrdörfern genannt wird. Über ihre Schicksale ist bis ins 17.Jahrhundert hinein nichts bekannt; die älteste Nachricht, die wir von ihr haben, ist, daß sie 1633 „in dem damaligen großen Brande, welcher von denen Soldaten verursachet, in Rauch aufgegangen und nichts als die Mauern stehen geblieben.“ Nach dem Friedenschlusse 1648 wurde sie zwar notdürftig wiederhergestellt, zu einem gründlichen Wiederaufbau aber kam es nicht, da die Gemeinde durch die erlittenen Kriegsnöte gänzlich verarmt und heruntergekommen war. Die bloßen durchlöcherten Mauern wurden mit einem Strohdache notdürftig bedeckt, so daß man den Gottesdienst im Trockenen abhalten konnte, und bei diesem Zustande blieb es etwa 20 Jahre. Der Pastor Joh. Schmidt fand bei seinem Amtsantritte 1665 die Kirchengebäude „mit Stroh gedeckt, an Mauern und Boden gar rauh und voller Löcher.“ – „Und so“, schreibt er weiter, „standen auch die abgebrannten Turmmauern ungebaut, und hingen die Glocken auf dem Kirchenhofe in einem Gerüste.“ – Als aber die Gemeinde in den Jahren 1668, 1669 und 1670 auf ihrer Pfingstwiese gute Heuernten gemacht und daraus 106 1/2 Thaler gelöst hatte, faßte sie endlich Mut, ihr in Trümmer liegendes Gotteshaus würdig herzustellen. Eine in der Gemeinde selbst abgehaltene Kollekte ergab 21 Thaler, dazu trugen die benachbarten adeligen Grundbesitzer in Helfta und Seeburg etliches bei, und so ging man denn 1670 in Gottes Namen daran, den Turm und das Kirchendach in stand zu setzen, beides mit Schindeln zu decken und die Glocken auf den Kirchturm zu schaffen. Die Wände wurden sodann mit Kalk beworfen und ausgeweißt und der Boden mit Schalsteinen belegt, auf dem Turme aber ein gutes vom Uhrmacher Siebert in Halle für 52 Thaler angefertigtes Uhrwerk angebracht. Bald mußte man jedoch die Erfahrung machen, daß die Schindelbedachung bei der den Winden ausgesetzten Lage des Gebäudes sich nicht bewährte, und so deckte man denn zuerst den Turm und dann einen Teil des Kirchdaches und sodann 1714 und 15 das Übrige mit Ziegeln.
Noch immer fehlte aber viel an der Fertigstellung des Gotteshauses. A. 1722 wurden deshalb die Fenster auf der Mittagsseite ausgebrochen und vergrößert, die große Kirchthür im Turme angebracht, die Orgel angefertigt, die Stühle und Emporkirchen gezimmert und die Decke mit Struktur versehen. Der Altar ist 1723 gemalt und in demselben die Kanzel, welche sonst an dem Mauerpfeiler gegen Mitternacht sich befand, angebracht worden. A. 1729 bis 1730 wurden die Emporkichen und die Orgel gemalt, die ersteren mit weißer Leimfarbe und vergoldeten Leisten, die letztere mit Ölfarbe in Rot und Weiß. Die Leisten und das Laubwerk daran wurden, ähnlich wie bei dem Altar, mit gutem Dukatengolde belegt. Der Aufwand dafür ist ebenfalls aus dem Ertrage der Pfingstwiese gedeckt worden. A. 1731 ließ die verwitwete Frau von der Schulenburg den nördlich neben der Kanzel gelegenen Kirchenstuhl des Gutes blau und rot malen, die Leisten und das Fensterblei vergolden und die Außenseite mit schönen Sprüchen und dem Schulenburg`schen und Pfuhl`schen Wappen (3 Regenbogen zwischen Sternen), zwischen denen ihr Namenszug angebracht war, verzieren. Daß es auch nicht an frommen Seelen gefehlt hat, die die Kirche mit heiligen Gefäßen und Geräten versorgten, werden wir später sehen.
Damit war die Kirche wohl wesentlich in den Zustand gesetzt, in dem wir sie jetzt noch erblicken. Im Jahre 1848 ist dann die jetzige Orgel gebaut worden. Bei der Reparatur 1875 wurden die Gitterstühle beseitigt, die Decken über den Stühlen der beiden ersten Rittergüter entfernt und die Stühle und Emporen mit holzbrauner Ölfarbe geschmackvoll angestrichen.
Der Bau in seiner gegenwärtigen Gestalt zeigt noch immer die Spuren einer eiligen und mit sparsamen Mitteln unternommenen Herstellung. Die Mauern, die oben im Turme noch Brandspuren zeigen, sind roh und ohne Sauberkeit aufgeführt, der Bau selbst entbehrt alles Stiles. Die Platte über der Thür des Turmes trägt eine 1725 eingesetzte Sonnenuhr. Durch die Thür tritt man in die Vorhalle, die mit dem von Christian Wilhelm von der Streithorst gestifteten Kruzifixe (vergl. S.38), welches früher „auf dem Querbalken bei der Kanzel“ stand, geziert ist. Das erste Geschoß des Turmes trägt die zur Orgel gehörigen Blasebälge, das zweite die Glocken; unter dem einfachen nach den 4 Seiten zugeschrägtem Dache befindet sich gegen Süden die Uhrkammer. In den beiden aus der Vorhalle in das Schiff der Kirche führenden Eingängen sind einige mit Kanten gezierte Steine – wahrscheinlich Trümmer des früheren Kirchengebäudes – eingemauert worden. Das Schiff selbst ist durch einen bis an die Decke reichenden Spitzbogen, an dem sich bei Beginn der Wölbung links und rechts, jedenfalls auch dem alten Kirchenbaue angehörige Kragsteine vorfinden, in zwei Teile geteilt. Im hinteren Teile befindet sich, um zwei Stufen erhöht, der Altar, über dem die mit Figuren, Sprüchen und Ausschmückungen reichlich verzierte Kanzel sich erhebt. Oben lesen wir den Gottesnamen „Jehova“ zwischen zwei Engeln, darunter sehen wir den auferstandenen Christus mit der Siegesfahne. Die zu beiden Seiten der Kanzel über dem Altare stehenden aus Holz geschnitzten Bildsäulen der Apostel Petrus und Paulus sind nicht ohne Kunstwert. Über den Thüren, die in den Raum hinter den Altar führen, befindet sich nördlich das gräflich Mansfeld´sche, südlich das von der Streithorst´sche Wappen. Die östliche Giebelmauer stammt, wie das darin befindliche Sacramentshäuschen bezeugt, noch aus der vorreformatorischen Zeit. Die Südmauer ist mit dem oben (S. 37) beschriebenen Totenschilde des Leopold Friedrich von der Streithorst geschmückt, an der Nordmauer befindet sich das ebenfalls (S.38) bereits erwähnte Epitaphium Christian Wilhelms von der Streithorst sowie ein Bildnis des Pastors Johannes Schmidt (1665-1704), der darunter in der Erde begraben liegt.